Depression – den fehlenden Antrieb nutzen
Wenn ich nicht mehr schreibe, nicht mehr schreiben kann, dann siegt die Depression über mich. What the fuck, ich rede über die Depression, als sei sie ein Fremdkörper.
Ich dachte, so hörte ich einen Coach-Guru, die Depression sei mit mir und man könnte den fehlenden Antrieb nutzen. Den fehlenden Antrieb nutzen, so war letztens ein Titel auf Youtube, doch ich ließ das Video ungespielt. So kann nur einer reden, der noch nie in dieser Grenzerfahrung war, der noch nie gefangen war in einem Absturz, einer Trauer ohne Traurigkeit, in einer Tiefe, die einen zerdrückt.
Den fehlenden Antrieb nutzen, ja, erzähle es einem Menschen, der mit lebensbedrohlichen Gedanken im dunklen Zimmer sitzt, die Heizung röchelt durch die 18 Grad, hält sie gerade so. Die Person sitzt in einem dunklen Tunnel, und wenn ein Stück Antrieb kommt, steigt die Gefahr um sein Leben.
Ratschläge, wenn ich in dieser Phase hänge, erzeugen nur Druck. Druck: Ich hätte es selbst in der Hand, ich trage die Verantwortung, dass es mir so ergeht. Ich kann nicht mal sagen, es geht mir gerade dreckig. Das ist kein Gefühl, keine Emotion, es ist eine Aussage, die einfach nichts taugt. Hätte ich ein „Es geht mir gerade dreckig“, wüsste ich, nach dem „gerade“ geht es wieder aufwärts, vorwärts ins Leben. Es gibt kein „Gerade“, der Tunnel, in dem ich hänge, hat kein Zeitfenster, er ist zeitlos.
Ein „gerade dreckig“ trägt ein Bild in sich, es gibt ein besseres, es wird mir wieder besser ergehen. Doch wenn die Depression mich umarmt, meine Gefühle zerdrückt, sehe ich kein: Es wird besser. Es ist zeitlos.
Zeitlos, da dieser Tunnel offenbart, dass mein Leben sein Ende lebt, wie eine Schleife. Ich kann nach vorn blicken, in die Zukunft, ich kann in die Vergangenheit schauen. Beides ist gleich, beides ist in sich gespiegelt, spiegelt sich, weil alles nur in einem gefühllosen Zeitkontinuum schwebt.
Vergangenheit, wie wir sie sehen wollen, wie wir aus ihr unsere Lebensgeschichte formen – ich kann aus ihr nichts formen. Sie ist glatt, es sind nur Bilder wie von einer fremden Biografie, eines Menschen ohne Verliebtsein in der Jugend, ohne die Begeisterung, das erste Mal Moped zu fahren oder das eigene Auto. Ohne das Kribbeln des ersten Kusses. Es ist nur ein Bild, vielleicht ein Film oder Wörter, die nur Statisten sind wie in einem Mathematikbuch, um einen Beweis zu führen, einen wissenschaftlichen Fakt zu präsentieren.
WTF.
– MaxSophie
