Die Depression und wie ich falle in die Tiefe?
Die Depression ist eine eigene Story, die nur mir gehört. Klar, du kannst dir gerne „was abschauen“, vielleicht um dieses Phänomen besser zu verstehen, zu umreißen, sie auf eine Landkarte zu zeichnen.
Sie, die Depression, ist kein starres Konstrukt, dies musst du wissen. Sie ist lebendig auf ihre Art, ihrer Dunkelheit. Sie beschwert die Erschöpfung mit Blei, dass du nicht mehr hochkommst. Sie lebt, wenn du nicht wagst, es nicht schaffst, aufzustehen. Du kannst nicht aufstehen, denn das Blei drückt sich auf dir, vielleicht mit Tränen, vielleicht mit Gereiztheit.
Sie lebt, wenn du es nicht schaffst, dich zu rasieren, die Zähne zu bürsten, deine Haare zu kämmen, dich annehmbar für den Tag aufzubauen, die letzte Müdigkeit aus den Augen zu waschen.
Hygiene und Depression können eng zusammenfallen. Du bist frei von Depression, doch hast du es schon erlebt bei deiner Freund:in, deiner Partner:in. Für sich sorgen, wenn dies wegbricht, hat sie wieder den Alltag, die Stimmung, den Antrieb übernommen. Alles ist brach.
Doch bedenke: Wir depressive Menschen können dich täuschen. Wir können lächeln, trotz aller schwerer Traurigkeit ohne Trauer. Wir können uns hübsch machen für den Tag, obwohl der Antrieb uns auf der Toilette länger sitzen lässt, als das morgendliche Geschäft dauert. Wir können dir erzählen, dass wir stabil sind und sogar freudige Momente haben, und verschweigen dir die anhaltenden nächtlichen Gedanken, dem eigenen Leben das Ende zu erklären.
Ja, viele Menschen mit Depression sind Meister:innen. Sie sind Schauspieler:innen, weil sie in der Kindheit, in der Jugend gelernt haben, einer sozialen Erwünschtheit zu entsprechen. Es sicherte dem Kind, dass die Eltern Lob entgegen brachten, dass die Eltern es unter diesen Bedingungen liebten. Ein trauriges Kind, ein Kind, das nicht kooperiert, wurde abgelehnt oder ihm wurden herabwürdigende Kommentare entgegengeschleudert, die verletzten.
Ich darf und will es einen Fakt bezeichnen, was eine Wurzel für die eigene Depression sein kann. Es kann, denn es muss nicht. Deine Eltern liebten dich bedingungslos, waren immer in einer guten Beziehung zu dir, mit hoher Wertschätzung und Augenhöhe.
Die Depression kam trotzdem, warum auch immer. Ein Trauma? Anhaltender Stress, der über lange Zeit ständig deine Grenzen überschritt? Möglich.
Doch wie merke ich, MaxSophie, wenn ich in die Tiefe falle, meinen Antrieb verliere und die Gedanken wieder mein Leben bedrohen, meine Lebensqualität zerstören?
Ich rede hier von einer Art „Aura“, also Vorboten, wie ich erfahre: Hey, dieses Ding Depression wird dich die nächsten Tage überrollen, dir die jetzige Schönheit der Tage wegnehmen. Du wirst die Tage wieder und nur düster erleben, alles Schöne ist ausradiert, jede Erinnerung schaut nur auf das, was scheiterte, was blöd lief und dir den Grund gibt, noch tiefer zu fallen.
Vielleicht könnte ich sagen, wenn ich vergesse, mich zu rasieren, das Bett auszuschütteln und für den Tag die Tagesdecke drüberzulegen. Nö, es ist anders.
Es ist die Konzentration, die verschwindet, wenn ich vor dem Laptop sitze. Sie kommt mir, wenn ich nicht mehr schreiben kann, den Stift in die Hand zu nehmen, wie etwas Unnatürliches vor, etwas, was mich schädigt und überanstrengt.
Es ist meine Atmung, die flacher wird. Sie kommt, wenn ich die sozialen Kontakte vermeide und was mir Freude macht, was mich aufbaut, verschwindet. Jedes Tun, jedes Schaffen strengt an, lehne ich ab.
Es ist mein Schlaf, der mich tagsüber überrennt und nachts meine Gedanken, meine Wachheit hochputscht. Die Nacht wird schlaflos.
Doch ist es mir noch nie gelungen, wenn die Vorboten kommen, gleich dagegenzuhalten. Es gibt nichts, was ich machen kann. Es gibt keine „schnellen“ Antidepressiva, die man dann akut nimmt wie ein Schmerzmittel gegen Migräne.
Ich kann es nur akzeptieren, dass ich jetzt wieder ins Tal falle, die wiederkehrende Depression wie eine Welle zu verstehen, eine Berg- und Talfahrt.
Kommt das Tal, dann sollte ich für mich sorgen, mir etwas Gutes tun. Doch es ändert nichts, denn Talfahrt kommt. Vielleicht, so die Hoffnung, wird es kein Absturz, kein tiefer Fall, und ich bin noch arbeitsfähig. Ich bin noch fähig, ein Partner, ein Freund zu sein, und verärgere nicht das Volk um mich mit meiner Gereiztheit.
Was soll’s, so ist diese ein, ein Schatten dieser Erkrankung, einfach so.
