Ich verstehe es einfach nicht. Die Hilde klingelt durch und redet was von, ich will jetzt kommen und dann, einfach Ruhe. Zwei Stunden braucht sie bis zu mir, meint sie. Zwei Stunden und ich habe den ersten Brief an sie fertig geschrieben. Es war gar nicht so einfach, die Gedanken zu ordnen, schwieriger als beim Seelendoc. Bei dem kann ich einfach drauf los reden und…
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Charlott 2 (i)
Du findest den Weg nicht raus aus der Klinik, dein Vater schweigt. Klar, da drehen sich die Gedanken vor dem Abgrund und immer einen Schritt weiter. Es ist halt nicht so, wie damals, als es nicht nach Hause ging, bloß weil ein Typ meinte bei der Krankenkasse, mit dem Pflegedienst, das geht nicht und ich per Telefon, per Brief erklären musste, der Pflegedienst ist notwendig.…
Charlott 2 (h)
Und nicht nur einen Kuss werde ich ihm geben. Wie damals, als das Tracheostoma, der Schnitt in der Luftröhre, für die Kanüle kam. Die Tränen fielen, ich wusste keinen Weg, sie zu hindern, nicht wo sie her kamen. Nur die Stimmen der Ärzte zogen sich durch meinen Kopf, lange könne er nicht mehr mit dem Tubus beatmet werden, wenn er nicht bald wegkommt von der…
Charlott 2 (g)
Sie brauchen sich gar nicht so darin reinhängen. Es bringt eh nichts, hatte mir die Frau am Telefon gesagt. Beratung nennt sich das, Beratung für das behinderte Kind. Ich glaub, da hätte ich mir die Mühe sparen sollen. Suchst dir die Nummern zusammen, rufst einen Verein an den nächsten an und willst es wissen, ob das wirklich mit dem Ausweis richtig ist: Fritz ist nur…
Charlott 2 (f)
An manchen Tagen könnte man meinen, der Bub, er kann doch lachen, er habe es gelernt, das Lächeln mit seinen vier Jahren. Wenn er so da liegt, seine blinden Augen sich ruhig bewegen, als könne er die Welt abtasten, seine Atmung in ruhigen Schritten den Brustkorb heben, wieder fallen lassen. Ach Fritz, wenn sich die Sonne durch die Bäume schieb, ein Rascheln der Blätter eine…
Charlott 2 (e)
Fritz, manch einer fragt sich sicherlich, warum mein Bub einfach diesen Namen bekommen hat. Aber es tat sich, es fühlte sich einfach so an. Als ich den Bub das erste mal sah, ihn in den Arm nahm, es konnte nur Fritz sein. Werner, dem war es egal. Den Ärger, wenn der Bub nicht mit seinen Namen klar käme, habe ich dann zu ertragen, meinte er.…
Charlott 2 (d)
Kein Plan, schon die ganze letzte Woche nicht. Es starren einen nur die Augen davon. Nee, nicht davon, die starren einfach wohin und ich kann nichts erkennen in diesem Augenblick. Ich solle mich nicht so treiben lassen, meinte mein Therapeut. Treiben lassen, wenn es so wäre, dann wäre mein Blick gerichtet, nach vorne, dort wo es mal hin gehen könnte. Doch wo soll es denn…
Charlott 2 ©
Schöne Tage, natürlich gibt es auch schöne Tage, auch wenn sich das Leben als eine einzige Anstrengung entpuppt. Meine Mutter würde gleich wieder sagen: Kind, was hast du erwartet. Nichts, Mutter, nichts. Doch ich habe etwas erwartet. Ist das zuviel? Behinderung gehöre zum Leben stand letztens in der Lokalen. Fritz ist behindert und Fritz gehört zu meinen Leben. Klar und Punkt. Warum auch nicht und…
Charlott 2 (b)
Mal durchhängen, sich gehen lassen, die Haare einfach nur in ein Kopftuch stecken, der Schwester Guten Morgen sagen und dann ihr hinterher schauen, wie sie sich nach vorne beugt, in die Schuhe zwängt und die Tür hinter sich nach zieht. Sich dann wieder ausbreiten, hinlegen, einfach das Ticken der Uhr ausstellen. Geht nicht, ging einfach nicht. Fritz braucht seine Aufmerksamkeit, auch wenn er noch schläft.…
Charlott 2 (a)
.Früh raus und bloß nicht durchatmen, jeden Knochen bewegen. Es bleibt einfach keine Zeit, der Pflegedienst wartet und will weg. Denn Tag habe ich alleine zu tragen, meinte selbst die Kasse, ich könne es doch alleine. Andere Eltern passen auch auf ihr Kind auf und das rund um die Uhr. Andere Eltern, ich bin Charlott und Fritz ist nicht jedes Kind. Doch das geht nicht…