Wusstest du, dass Mitleid ein entscheidender Faktor für meine Depression ist? Wahrscheinlich nicht, denn du kennst mich nicht.
Vielleicht ist Mitleid auch nicht der richtige Begriff für das, worum es wirklich geht. Doch es ist ein gängiges Thema, wenn es um Krankheit und Leid geht. Viele verstehen darunter Verschiedenes. Es trägt die Melodie, dass Menschen, mit denen wir mitleiden, meinen könnten: „Ich brauche euer Mitleid nicht.“
Welche Arroganz, wie können sie unseren Zuspruch ablehnen? Ja, sie können, und schützen sich damit sogar. Mir hilft Mitleid ebenfalls nicht weiter. Wenn jemand mit mir leidet, wächst in mir die Idee: Jetzt bin ich auch noch für ihn verantwortlich. So rutsche ich nur tiefer in die Spirale des Nicht-Genügens, des Gefühls, schlecht zu sein, wenn es anderen durch mich schlecht geht. Was für ein Teufelskreis!
Die Spirale? Manche nennen es Grübeln, andere unaufhörliches Denken über ein Problem, das man immer wieder ohne Lösung durchkaut. Doch zurück zur Frage: Brauche ich Mitleid? Ja, wenn es um Geld geht, um Spenden, dann lasst uns damit spielen. Du spendest aus Mitleid? Sei willkommen. Aber auch hier fühle ich mich nicht besser. Es ist eine schöne Geste, mir zu helfen, einige meiner Sorgen zu lindern. Denn eines der Probleme bei Depressionen ist, dass sie meine Produktivität erheblich beeinträchtigt. Sechs oder acht Stunden konzentriert an einem Thema zu arbeiten, schaffe ich einfach nicht. Daher fehlt mir am Ende des Monats oft das Geld, um gut über die Runden zu kommen.
Die Alternative zum Mitleid
Ja, Depression trägt die störende Melodie in sich, jeden beginnenden Flow zu zerstören. Doch ich schweife ab. Gibt es denn eine Alternative zu Mitleid? Ich sage dir, es gibt zwei. Die erste wäre, die Definition von Mitleid zu ändern. Wir nehmen das Leiden weg und setzen stattdessen Fühlen ein. Wenn wir diesen Schritt gehen, passen wir auf, dass wir uns nicht vollständig mit der Person identifizieren, sondern eine Distanz wahren. Mitleid würde dann das werden, was ich als Definition von ChatGPT kenne:
„Mitleid ist ein Begriff aus dem emotionalen Vokabular, der die Empfindung von Mitgefühl und Traurigkeit beschreibt, die eine Person empfindet, wenn sie das Leid, den Schmerz oder die Not einer anderen Person wahrnimmt. Es beinhaltet ein Gefühl der Anteilnahme und oft auch den Wunsch, helfen zu wollen. Mitleid ist eine komplexe Emotion, die sowohl Aspekte der Empathie als auch des persönlichen Betroffenseins umfasst. Es wird oft als eine tugendhafte Reaktion auf das Unglück anderer betrachtet und kann dazu motivieren, unterstützend oder tröstend einzugreifen.“ (ChatGPT vom 13.7.2024 um 12 Uhr).
Diese Definition klingt doch nett. Aber sie entspricht nicht der Realität, zumindest nicht meiner Erfahrung nach.
Die zweite Alternative zu Mitleid ist, direkt unser Mitgefühl auszudrücken. Dafür sind ein paar Schritte mehr nötig, aber das Ergebnis kann eine hohe Authentizität für sich selbst und Wertschätzung des Gegenübers sein:
- 1. Ich sehe dich mit deinem Leid und Kummer, ohne es sofort zu bewerten.
- 2. Ich höre deinem Erzählen zu, halte mein eigenes Ich im Hintergrund und bewerte deine Worte nicht. Ich wiederhole sie, um sie zu verstehen.
- 3. Ich sage dir, dass deine Reaktion auf dein Leid berechtigt ist und es mich auch stark bewegt, traurig macht.
- 4. Wenn ich die Kraft habe zu helfen, biete ich dir Unterstützung an. Es ist ein Angebot!
Das können wir auch ohne Worte tun. Beobachte dazu eine Mutter oder einen Vater, wenn ihr Kind bei seinen ersten Schritten fällt und weint. Die Eltern umarmen es ohne Worte, sie wertschätzen es, denn es ist okay, wie es ist. Sie unterstützen es für die nächsten Schritte.
Du kannst natürlich beim klassischen Mitleid bleiben, aber wundere dich nicht, wenn du dich bei manchen Menschen ausgelaugt fühlst. Diese ‘Energieräuber’ arbeiten damit, dass du deine Emotionen für sie opferst. Was denkst du darüber?